Hinter die Dinge geschaut
Mitten in der Altstadt von Rapperswil findet derzeit ein Gesamtumbau einer historischen Liegenschaft statt, der von Archäotektur begleitet wird. Das Gebäude liegt im Bereich einer mittelalterlichen Stadterweiterung und schliesst an die ehemalige Stadtmauer an.
Im Zuge des Umbaus wurden sämtliche Räume und Fassaden von jüngeren Einbauten und Oberflächen befreit. Dahinter kamen zahlreiche ältere Befunde zum Vorschein, die gemäss stilistischer Einschätzungen und dendrochronologischer Untersuchungen eine Baugeschichte vom 14. Jahrhundert bis in die heutige Zeit erzählen. Ein Raum überrascht besonders: Hinter barockem Täfer kamen sowohl auf den Fachwerkbinnenwänden wie auch auf der Innenseite der Fassadenmauern verschiedene Malereien zum Vorschein: florale Ranken, Fruchtgehänge, ein illusionistisch gemalter Vorhang im Brüstungsbereich, ein fragmentarisch erhaltener Trinkspruch sowie eine mit Rosenmotiven und marmorierten Feldern grosszügig bemalte Einschubdecke. Die Malereien stammen aus unterschiedlichen Bauphasen des ausgehenden 16. bis in die erste Hälfte des 18. Jahrhunderts und bezeugen einen repräsentativen Anspruch der Bewohnerschaft über mehrere Generationen hinweg.
Solche Entdeckungen zeigen, wie "vielschichtig" Bauforschung sein kann und wie hoch man Erwartungen stecken darf. Wir bleiben dran!
Eine Bildauswahl: Untersicht der freigelegten Einschubdecke, eine Fachwerkwand mit floraler Malerei, der Trinkspruch sowie die plastische Vorhangmalerei neben Fruchtgehänge innenseitig der Fassadenmauern (Fotos: C. Diemand/M. Hotz, 2025)